Die Angst der Flüchtlingseltern

Viele geflüchtete Eltern haben Angst um ihre Kinder. Dabei spielen traumatische Erfahrungen vor, während und nach der Flucht eine große Rolle, weil sie jede Angst verstärken. Doch die Angst geht über das Trauma hinaus: Sie fürchten, dass ihre Kinder so werden wie die deutschen oder anderen europäischen Kinder, freizügig, ohne den traditionellen Respekt usw. Besonders bei geflüchteten Menschen aus arabischen Ländern – aber nicht nur – ist diese Angst groß.

Wenn wir als Lehrkräfte, Erzieher*innen oder andere Begleitpersonen das Vertrauen dieser Eltern gewinnen, hören wir von diesen Ängsten. Welche Haltung können wir einnehmen? Was können wir sagen?

Zwei Aspekte sind vor allem wichtig. Der erste besteht darin, dass wir offen und ehrlich vertreten, dass die Kinder sich anders entwickeln werden, als sie es in Syrien, Afghanistan oder anderen Ländern getan hätten. Die Umgebung, die neue Kultur, all das färbt ab und beeinflusst. Das können die Eltern nicht aufhalten. Ihre Kinder werden von der alten Kultur beeinflusst UND von der neuen. Das gilt auch für die Eltern, wobei bei ihnen die traditionellen Beharrungskräfte stärker sind als bei den jungen Menschen.

Und zweitens sollten wir in den Vordergrund stellen, was Eltern tun können, um ihre Kinder nicht zu „verlieren“: Für eine gute Verbindung mit den Kindern sorgen. Ihnen zuhören, Interesse zeigen, auch von sich zu erzählen. Dazu gehört, ohne erhobenen Zeigefinger von sich zu erzählen, von den eigenen Erfahrungen und den eigenen Werten. Nicht im Sinne von: „Du musst“, sondern „Mir ist wichtig, dass … Ich möchte, dass du das ernst nimmst und deine Entscheidung triffst und deine Werte vertrittst.“

Die Flucht in eine andere Kultur verunsichert, auch in der Erziehung.

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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