Wenn ein Kind zu klug und zu schnell ist …

Eine Lehrerin fragt:

Ein Kind in meiner sechsten Klasse ist überentwickelt. Es ist zu schnell, zu klug, oft auch altklug. Es bringt sich selbst Sprachen und anderes Wissen bei, muss alles besser wissen und weiß auch vieles. Was kann ich als Lehrerin tun?

Wenn ein Kind überdurchschnittlich intelligent und auch neugierig und wissensdurstig ist, dann braucht es vor allem Unterstützung in den Kontakten zu den anderen Kindern. Oft lehnen andere Kinder dieses Kind als „Streber“ oder „Besserwisser“ ab. Erwachsene bezeichnen es oft als altklug, manchmal sogar als arrogant. Doch was soll das Kind tun? Soll es seine Neugier abwürgen? Soll es sich verstellen, dass es vieles nicht mehr weiß? Solche hochintelligenten und wissensdurstigen Kinder müssen lernen, mit ihren Fähigkeiten umzugehen und sind dabei gelegentlich maßlos, weil sie nicht anders können. Das hat soziale Konsequenzen, die dazu führen können, dass sich die Kinder als Außenseiter oder gemobbt fühlen. Manche Kinder verlieren dann die Lust, überhaupt zur Schule zu gehen. Sie fürchten sich vor der Beschämung und dem Spott anderer.

Deswegen sollte Ihre wichtigste Unterstützung darin liegen, dem Kind seelischen Beistand anzubieten. Nehmen Sie es vor Beschämung und Spott und anderen Zurückweisungen in Schutz.

Oft sind solche Kinder im normalen Unterricht unterfordert und langweilen sich. Manche versuchen dies darüber zu kompensieren, dass sie besonders aktiv und auch laut werden, was dann besserwisserisch wirkt. Andere resignieren und verstummen. Hilfreich wäre es, mit dem Kind einen Hochbegabungstest durchzuführen. In jedem Fall ist es gut, wenn Sie dem Kind besondere Aufgaben geben, die seinem Wissensniveau und seiner Neugier entsprechen. Sie fördern sicherlich in besonderer Weise Kinder, die mit dem Stoff nicht gut klarkommen und dem Lernstand hinterherhinken. Auch Kinder, die dem Lernstand vorauseilen, brauchen eine solche Förderung.

In der Grundschule ist ein siebenjähriges Kind, das oft verstört wirkt. Die Mutter klebt sehr an ihm, verabschiedet sich nur schwer und kommt dann jeden Tag nochmal ans Fenster und klopft, bis das Kind reagiert. Was ist zu tun?

Zunächst einmal sollten Sie mit der Mutter reden und sie bitten, ja auffordern, nach dem Abschied nicht mehr zu dem Kind zurückzukommen und an das Fenster zu klopfen. Das stört die Klasse und das Kind. Das beeinträchtigt, dass das Kind lernen kann, sich zu verabschieden. Die Mutter ist Vorbild und sollte sich auch so verhalten. Wenn sie das nicht kann, können Sie ihr empfehlen, dass sie sich selbst Hilfe suchen sollte. Manche Menschen sind so oft und so intensiv allein gelassen worden, dass sie sich nur noch schwer verabschieden können. Da helfen dann nur Beratung oder Therapie.

Wenn das Kind oft verstört wirkt, dann ist es mit irgendetwas überfordert. Hier spricht einiges dafür, dass das Kind mit der Mutter überfordert ist. Es erfährt jeden Tag eine Doppelbotschaft: Du musst zur Schule. Und gleichzeitig: Ich will dich nicht zur Schule gehen lassen, ich will mich nicht von dir trennen. Manchmal brauchen nicht die Kinder die Hilfe, sondern die Eltern oder wie hier ein Elternteil, die Mutter. Umso wichtiger ist es, der Mutter zu empfehlen, sich ihrer Probleme anzunehmen.

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Bettina

    Ein kleiner Praxis Tipp:
    In Bezug auf Kinder mit überdurchschnittlicher Begabung habe ich öfters mit Erfolg eine Methode aus der Montessori Pädagogik angewandt. Das Kind, das etwas gut kann unterstützt ein Kind mit Schwierigkeiten. Dabei lernen beide Kinder etwas, einfach nur unterschiedliche Dinge.
    Das geht nicht immer und das soll auch nicht zum Hilfslehrer mutieren. Aber wer etwas gut erklären kann, kommt zu einem tieferen Verständnis der Dinge und Kinder lassen sich häufig lieber von einem Gleichaltrigen helfen. Ich weiß, es ist nur ein kleiner Baustein in der Hochbegabten Förderung, aber zum Beispiel mit den genialen Mathematik Materialien geht das wirklich gut.

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