Die Sehnsucht der sehr jungen Mütter

Vor einigen Jahren habe ich mit einigen sehr jungen Müttern eine Befragung durchgeführt. Ich wollte herausfinden, warum sie schon mit 15, 16 oder 17 Jahren Kinder bekommen haben. Das wichtigste Ergebnis bestand darin, dass diese jungen Frauen keine oder kaum Erfahrungen mit stabilen und verlässlichen Bindungen hatten. Sie waren in zerbrochenen Familien aufgewachsen – und sehnten sich nach einer „glücklichen Familie“, in der „alle sich gern haben“ und aufeinander „verlassen“ können (alle Zitate aus den Befragungen). Sie wünschten sich ein Kind als eine Person, die „ganz für mich da ist“.

Diese Sehnsucht war bei allen sehr, sehr stark. Nun gibt es die Erfahrung, dass die meisten Menschen, die mit Bindungsstörungen aufwachsen, sich Partner*innen suchen, die ähnliche Bindungsstörungen aufweisen wie sie selbst. Die Folge war, dass die Partnerschaften der jungen Frauen oft schon vor der Geburt wieder zerbrochen waren. Und damit ein Teil des Sehnsuchtstraumes nach einer glücklichen Familie. So wird der Erwartungsdruck an die Säuglinge und Kinder immer größer und unerfüllbar …

Diese jungen Frauen brauchten und brauchen Hilfe. Ganz praktische Unterstützung mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft – und vor allem Verständnis für ihre Sehnsucht und Begleitung auf der Suche, wie sie ihr konstruktiv nachgehen können.

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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