Konstruktive und destruktive Wirksamkeitsbemühungen

 

 

von Udo Baer

Wenn Kinder und Jugendliche ins Leere gehen, wenn sie sich unwirksam fühlen und wiederholt die Erfahrung machen, dass sie keine Wirkung auf andere Menschen haben, dann verfestigt sich in ihnen das Bild, dass sie anderen egal sind, dass sie es nicht wert sind, beachtet zu werden. Dieses Gefühl ist zumindest auf Dauer kaum aushaltbar und deswegen kämpfen Kinder und Jugendliche darum, wirksam zu werden.

Dies geschieht oft destruktiv. Sie machen etwas kaputt, sie werden aggressiv, sie hauen, schimpfen, beleidigen usw. Auch dann sind sie wirksam, aber diese Wirksamkeit besteht darin, dass sie ausgeschimpft und bestraft werden, ganz gleich ob im Elternhaus, in der Kita oder in der Schule.

Diese Kinder brauchen dreierlei:

  • Sie brauchen klare Grenzen, sie müssen hören und merken, dass sie anderen Menschen weh tun und dass dies nicht in Ordnung ist.
  • Zweitens brauchen sie, dass sie nicht weiterhin ins Leere gehen, dass die Quelle der destruktiven Wirksamkeitsbemühungen versiegt.
  • Und drittens brauchen sie alternative Erfahrungen, sie brauchen ein Training, ein Spielfeld für konstruktive Wirksamkeitserfahrungen.

Wir haben oft beobachtet und gehört, dass Kinder, die in der Schulklasse während eines normalen Unterrichtes sehr destruktiv waren, bei konkreter Projektarbeit, zum Beispiel in der Natur, auf einem Bauernhof oder in einer Holzwerkstatt, „wie ausgewechselt“ waren. Dort machten sie konstruktive Wirksamkeitserfahrungen. Sie bewirkten etwas, indem sie tätig wurden, und sie bewirkten etwas, indem sie dabei Lob und Anerkennung und zumindest Beachtung von Erwachsenen erhielten. Die Kinder und Jugendlichen brauche solche Gelegenheiten, sich als wirksam zu erleben.

Die Übungen konstruktiver Wirksamkeitsbemühungen sollten möglichst spielerisch sein. Im Spiel sind Kinder wirksam. Wir Erwachsenen sollten mit Kindern etwas unternehmen und wir sollten uns darum bemühen, ihre Impulse ernst zu nehmen und nicht zu übergehen. Spielen ermöglicht und schafft Begegnungen, in denen sich Kinder als wirksam erleben.

Kinder zu sanktionieren, wenn sie destruktiv sich um Wirksamkeit bemühen, hilft nicht. Sie brauchen neue Wirksamkeitserfahrungen, konstruktive.

 

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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