Unruhige Kinder erhalten oft die Diagnose „ADHS“ oder „ADS“. Und Medikamente, die zwar beruhigen, aber auch die Emotionalität dämpfen. Was nicht gefragt wird, ist: „Was beunruhigt dich?“
Kinder sind immer mal unruhig. Ihr Erleben pulsiert zwischen den Polen Ruhe und Unruhe. Das ist normal und keineswegs krankhaft. Manche Kinder sind etwas unruhiger als andere, auch das ist Teil der Unterschiede in den kindlichen Persönlichkeiten. Problematisch wird es, wenn ein Kind in der Unruhe feststeckt, wenn das Pulsieren nicht mehr gelingt, wenn das Kind aus der Unruhe nicht mehr herausgerät. Dann leidet das Kind und dann leiden oft auch die Menschen in seiner Umgebung. Dann ist es notwendig, die Frage zu stellen: „Was beunruhigt dich?“
Manchmal können Kinder diese Frage beantworten, meist haben sie keine Worte dafür. Dann „erzählen“ sie es uns im Spielen, im Musizieren, im Malen oder über die Resonanzen, die sie in uns auslösen. Was Kinder beunruhigt, kann vielfältig sein: traumatische Erfahrungen, drohende Trennung der Eltern, Krankheit der Oma, das Ende einer Kinderfreundschaft, der Krieg in der Ukraine, Corona-Angst … Nur wenn man den Quellen der Unruhe nachspürt, kann es gelingen, ihnen in der Therapie entgegenzuwirken.
Wenn Kinder (und auch Erwachsene) unruhig sind, tendieren sie selbst und viele andere dazu, ihnen zu helfen, „in die Ruhe“ zu kommen. Doch das gelingt meist nicht so einfach. Unser Ansatz heißt: „Würdigen, was ist.“ Das bedeutet, dass wir nicht gleich versuchen, die Unruhe zu beseitigen, sondern sie ernst nehmen, ja, in sie „eintauchen“. Wir können mit den Kindern wild tanzen, die Unruhe malen, sie mit ihnen musizieren, einen Raum der Unruhe schaffen. Welches Wort wir auch immer je nach Alter dafür nehmen – ich liebe den „Zappelraum“ oder den „Quatschraum“ – ist zweitrangig. Wenn Kinder nicht immer den Druck erfahren, endlich mal ruhig zu sein, sondern einfach unruhig sein dürfen, dann tut ihnen das gut, dann ist das der Anfang der Veränderung. Diese kann gelingen, wenn wir mitspielen. Denn in der Unruhe und Beunruhigung gefangen zu sein, ist einsam.