Die Angst vieler Menschen macht sich gegenwärtig an denen fest, die als „Fremde“ bezeichnet werden. Das sind Menschen, die als Flüchtlinge oder andere Migrant/innen nach Deutschland gekommen sind, Menschen anderer Sprache, anderer Hautfarbe, anderer Religion. Dazu werden von manchen auch die Täter von Paris gezählt – alle sind „Fremde“, die bedrohlich wirken. Gegen solche Gleichsetzungen hilft Aufklärung, hilft die Information, dass die meisten Täter von Paris Franzosen oder Belgier waren und dass die meisten Flüchtlinge gerade vor der IS und anderen Terroristen nach Deutschland geflohen sind.
Es gibt Menschen, denen alles Fremde verhasst ist. Sie schüren die Angst vor allen und allem, was „anders“ ist. Die Angst vor Fremdem kann in genereller Fremdenfeindlichkeit, in rassistischen Vorbehalten und Vorurteilen gegen Menschen gründen, die anders aussehen und aus einem anderen Kulturkreis stammen. Solchen Abwertungen und Kränkungen gilt es entgegenzutreten. Persönlichen Kontakt mit Flüchtlingen und Flüchtlingskindern zu fördern, ist meist am hilfreichsten.
Und es bleibt etwas übrig an Vorbehalten gegenüber „Fremden“, auch wenn die Fremdenfeindlichkeit weggeräumt oder gar nicht vorhanden ist. Wer aus einem anderen Land geflohen ist, hat etwas Fremdes an sich und in sich. Da gibt es Unterschiede, die weder wegzuwischen noch wegzuhobeln sind. Das betrifft nicht nur Menschen aus Afrika, Afghanistan oder dem Nahen Osten. Von einer solchen Fremdheit berichten viele Menschen, die aus der ehemaligen DDR in den Westen gekommen sind, aus Schlesien nach Bayern oder aus der BRD nach Österreich oder in die Schweiz. Sie beruht einfach auf Unterschieden in dem, was einem selbstverständlich ist, Unterschieden in kulturellen Eigenheiten, Gewohnheiten. Diese Unterschiede sind nicht durch Spracherwerb einzuebnen. Sie sind vorhanden.
Wir haben oft beobachtet, dass es erleichtert, diese Unterschiede als Unterschiede zu konstatieren und anzuerkennen. Wer als Flüchtling in unser Land kommt, aus welcher Weltgegend auch immer, ist anders und hat andere Erfahrungen als viele Menschen in Deutschland. Dieses Anderssein ist kein „Schlechter-Sein“.
Sie und wir alle können die Angst vor dem Fremden abbauen, wenn wir dieses Anderssein als eigene Erfahrungen würdigen, als Besonderheiten, die Menschen innewohnen und die sie mitbringen. Wenn wir dazu beitragen, dass dies Besonderheiten als Bereicherung, als wertvolles Eigenes angesehen werden und Ansehen genießen.
In Unterrichtssituationen und anderen Formen der Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen ist es sinnvoll, zu fragen, wer selbst aus einem anderen Land kommt und wer Angehörige hat, die früher geflohen sind oder vertrieben wurden. 12 Millionen Menschen sind aus den sogenannten Ostgebieten nach dem Krieg geflohen oder vertrieben worden, 3,5 Millionen aus der ehemaligen DDR, 4,5 Millionen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Alle waren dem Pass und der Sprache nach Deutsche. Doch auch sie waren „Fremde“ in der neuen Heimat und machten den „Einheimischen“ Angst.
Von diesen Erfahrungen zur heutigen Auseinandersetzung mit Fremden und Fremdsein den Bogen zu spannen, ist vielfach hilfreich.