Traumatisierte Kinder sensibel begleiten, Teil 13: Was tun bei »seltsamen« Gefühlen traumatisierter Kinder? – Sehnsucht

von Dr. Udo Baer

Traumatische Erfahrungen bewirken in den Kindern, dass sie in all ihrem Erleben erschüttert sind. Dazu gehört auch ihr Gefühlsleben. Manche Gefühle verschwinden scheinbar, andere werden stärker, wieder andere verändern sich in ihren Inhalten und ihrem Ausdruck. Deswegen werde ich in den folgenden Abschnitten auf einige dieser Gefühle eingehen, die Veränderungen durch traumatische Erfahrungen beschreiben und Ihnen Hinweise geben, wie Sie damit umgehen können.

Wer durch eine traumatische Erfahrung »aus der Welt geworfen« oder in einen »Abgrund gestoßen« wurde, entwickelt oft eine Sehnsucht nach einer guten, heilen Welt. Diese Sehnsucht ist für Kinder überlebensnotwendig. Sie gibt ihnen Kraft und zeigt ihnen eine Überlebensperspektive.

Diese Sehnsucht äußert sich bei traumatisierten Kindern in sehr unterschiedlicher Weise:

  • Boris ist ein Träumer. Er schaut in die Luft. Er schaut ins Leere mit großen Augen. Boris träumt und sieht vor seinem inneren Auge Filme, vermutlich Filme der Sehnsucht.
  • Erin malt Häuser. Nur Häuser. Oft malt er kaputte Häuser, zerstörte Häuser, Ruinen. Dann wieder und immer mehr Luxusvillen, Häuser die wunderschön sind. Häuser mit Gärten, mit Blumen, mit Bäumen, mit lachenden Menschen … Erin hat seine Heimat verloren. Die Ruinen, die er malt, sind seine Geschichte. Die Häuser, die er malt, sind Ausdruck seiner Sehnsucht.
  • Stefanie hat eine Lieblingserzieherin, Frau Weber. Sie folgt ihr auf Schritt und Tritt. Stefanie schaut Frau Weber mit großen sehnsuchtsvollen Augen an. Sie sagt nichts, aber sie schaut und schaut …

Die Formen, wie sich die Sehnsucht der Kinder, insbesondere der traumatisierten Kinder, ausdrückt, sind unterschiedlich. Wichtig ist, dass wir Erwachsene diese Sehnsucht wahrnehmen und dass wir sie ernst nehmen. Wir dürfen sie nicht belächeln und nicht erniedrigen. Sehnsucht ist eine große Kraft, die den Kindern auf ihrem Weg, sich wiederaufzurichten, hilft.

Akzeptieren Sie die Sehnsüchte traumatisierter Kinder und geben Sie ihnen Raum.

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Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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