Eine gute Bindung zu den primären Bezugspersonen wirkt sich auch in der Schulzeit positiv auf die Schulleistungen von Kindern und Jugendlichen aus. Es hat damit zu tun, dass ihr Selbstwertgefühl von Geburt an gefördert wird, wenn man ihnen auf ihre ersten Zeichen, Gesten und Worte feinfühlig antwortet und ihnen damit das Gefühl gibt, anerkannt zu werden. So fühlen sie sich angenommen und empfinden sich als wertvoll. Anerkennung des Kindes – „So, wie du bist, nehme ich dich an“, „So wie du bist, bist du wertvoll für mich“ – verleiht ihm innere Stärke und Durchhaltevermögen, auch dann, wenn es darum geht, später einmal schwierige Aufgaben in Angriff zu nehmen und sich nicht vor ihnen wegzuducken.
Akzeptanz und „Zu-neigung“ führen ebenso zu einem Gefühl von Selbstwirksamkeit, also zu der inneren Überzeugung, mit seinem Handeln auch das erreichen zu können, was man erreichen will. Beides, „Selbstwertgefühl“ und „Selbstwirksamkeit“, sind auch Schlüsselqualifikationen für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Sie vermitteln Sicherheit und Vertrauen in die eigene selbstständige Leistung auch dann, wenn sie vom Gegenüber, und das ist in der Schule häufig der Fall, nicht immer gewürdigt wird. Das Gefühl „etwas wert zu sein“ überträgt sich buchstäblich auf das Produkt eigenen Tuns, es vermittelt Mut, etwas anzupacken und lässt die Welt im Scheitern nicht sofort in sich zusammenstürzen. Fehler werden nicht sofort und ausschließlich bei sich selbst gesucht. Auch stärkt das Gefühl, etwas zustande bringen zu können, die Neugier und Bereitschaft, sich schwierigen Aufgaben zu stellen und die Welt selbstständig zu erforschen. Gute Bindung und Schulleistungen hängen auf diese Weise eng zusammen, besonders dann, wenn Schule die von den Schülern erwarteten Leistungen nicht auf die kurzfristige Reproduktion von „Lernstoff“ reduziert. (sog. Bulimielernen).
Eine Langzeitstudie aus dem US-Bundesstaat Maryland, die die sozialen Bedingungen hinsichtlich ihres Einflusses auf schulische Leistungen untersucht hat und jetzt von der Universität Pittsburgh veröffentlicht wurde, bestätigt diesen bindungstheoretisch bereits gut belegten Zusammenhang zwischen sicherer Bindung und Schulerfolg. Erfasst wurde bei Jugendlichen und Heranwachsenden unter anderem, wie „streng“ sie erzogen wurden, d.h. in welchem Ausmaß sie verbalen oder auch körperlichen Angriffen ihrer Eltern ausgesetzt waren. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine strenge Erziehung nicht, wie von manchen Fürsprechern autoritärer Erziehung gerne behauptet wird, zu guten Schulabschlüssen führt, sondern im Gegenteil, zu ungenügenden Leistungen und sogar zu Schulversagen. Eltern, die mit ihren Kindern in keinem guten Bindungsverhältnis stehen und ihre Liebe abhängig machen von Gehorsam und Leistung, die zu drakonischen Strafen neigen und die Würde ihrer Kinder missachten, taugen nicht als Vorbilder. Ihre Ablehnung führt dazu, dass sich Jugendliche ab der Pubertät fast ausschließlich ihrer Peergroup zuwenden und versuchen, sie vor allem durch Übertretung von Regeln zu beeindrucken, wozu dann auch die Ablehnung schulischer Leistung gehört. Mit anderen Worten: Es zählt dann nur noch der kurz zu erreichende äußerliche Erfolg, Spiegelbild einer Bindung, wenn Kinder nur dann belohnt werden, wenn sie „gehorchen“. Auf diese Weise aber entstehen aufseiten des Kindes und Jugendlichen weder Authentizität noch Stolz auf das eigene Tun, sondern bloß eine diffus gefühlte Leerstelle, die durch Angeberei und Vertuschung eigener Schwächen mit vermeintlicher Stärke gefüllt wird. „Ein gewalttätiger Erziehungsstil löse einen „Komplex kaskadenartiger Prozesse‘ aus“, so die leitende Forscherin de Studie, Rochelle Hentges. Langzeitziele, wie etwa ein höherer Bildungsabschluss rückten auf der Suche nach dem sofortigen „Kick“ in immer weitere Ferne.