Trauer (Teil1): Die Trauer der Kinder ernst nehmen

Vor einigen Monaten hörte ich, dass die Erzieherin eines Kindergartens in Rente ging und sich von den Kindern ihrer Gruppe mit einer kleinen Feier verabschieden wollte. Sie sagte vorher den Kindern: „Wenn ihr nicht weint, dann bekommt ihr ein Geschenk.“ Welche ein Unglück. Warum sollen Kinder nicht weinen, wenn eine Erzieherin, die sie mögen und der sie verbunden sind, geht? Trauern ist das Gefühl des Loslassens. Die Kinder müssen diese Erzieherin loslassen und das ist traurig. Weinen ist ein Ausdruck dieser Traurigkeit und es ist gut, die Tränen zu zeigen.

Wenn Kinder das nicht dürfen, lernen sie, dass man nicht traurig sein darf oder dass man das nur heimlich tun sollte, dass man seine Gefühle nicht zeigen darf. Das ist schade und schädlich. Kinder müssen trauern dürfen.

Mit jeder Träne verlässt ein Stück des Kummers die Kinderseelen. Das ist gut, das hilft beim Loslassen. Kinder müssen viel loslassen: Da zieht die Familie um, da verlässt der Freund oder die Freundin die Schule, da stirbt die Oma, das trennen sich die Eltern, da bleiben Freund/innen beim Übergang von Kindergarten zu Schule zurück usw. Kindheit umfasst zahlreiche Abschiede. Das Loslassen der Kinder muss beachtet, ihre Traurigkeit gewürdigt werden.

Entscheidend ist, dass die Kinder beim Trauern nicht allein gelassen werden. Mit-Trauern hilft. Sätze wie „Das ist doch nicht so schlimm“, bagatellisieren. Für die Kinder ist es schlimm. Wichtiger sind Bestärkungen: Ja das ist schlimm. Ja, das finde ich auch traurig. Dann können Kinder im gemeinsamen Trauern loslassen, dann verliert sich die Trauer von alleine. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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