Zehn Tipps für die therapeutische Arbeit mit Kinderbüchern: 3. Gedanke

Im Buch „Das Traumfresserchen“ von Michael Ende und Annegert Fuchshuber wird die Geschichte einer Prinzessin erzählt, die von lauter schlimmen Träumen gequält wird. Ihr Vater, der König, versucht alles, um seiner Tochter zu helfen. Er reist um die Welt, bis er schließlich ein Traumfresserchen findet, das sich von den schlechten Träumen der Prinzessin ernährt.

Zwei Symbole nutze ich hier häufig. Das erste ist das Traumfresserchen. Wenn man selbst manchmal oder oft schlechte Träume hat, kann man sich ein Traumfresserchen malen und es über sein Bett hängen. Aktives Symbolisieren nennen wir dies (siehe: Baer. Gefühlssterne, Angstfresser, Verwandlungsbilder 1999). Wie ein Traumfresserchen kann man sich auch seinen Angstfresser oder Schmerzfresser selbst gestalten (oder schenken lassen). Keine Symbole von der Stange, sondern das eigene gestalten – denn der Angstfresser eines jeden Menschen sieht anders aus.

Oft brauchen die Angst oder Schmerzfresser eine Gegenleistung oder Belohnung, damit sie die Angst bzw. die Schmerzen fressen. Wenn ich KlientInnen danach frage, fällt diesen meist etwas ein: sich öfters eine Pause gönnen, sich einmal  am Tag etwas Gutes tun, eine Atemübung machen, ein Kinderbuch lesen …

Das zweite Symbol ist der König. Wer möchte nicht solch einen Vater wie diesen König! Und wer möchte nicht solch ein Vater sein, wie es dieser König gegenüber seiner Tochter ist. Ich nehme diese Geschichte zum Anlass zu fragen: Was würden Sie tun, wenn Sie Vater wären? Oder aufzufordern: Malen Sie sich als König. Oder zu fragen: Wenn Sie solch einen König als Vater hätten – was würde der jetzt für Sie tun? … Und wie können Sie das bekommen?

Die meisten Kinderbücher wirken über die Symbolkraft ihrer Figuren oder Szenen. Wir können in der Therapie diese zum Ausgangspunkt nehmen, dass die KlientInnnen eigene Symbole schaffen oder die vorgegebenen Symbole mit eigenen Inhalten füllen. An Jutta Richters „Hinter dem Bahnhof liegt das Meer“ schließt sich oft die Frage an: Wie sieht Ihr Schutzengel aus?

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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