von Dr. Claus Koch
Während am Anfang der Pandemie vor allem ältere Menschen und deren Schutz vor dem Virus im Fokus der Aufmerksamkeit und Berichterstattung standen, sind es zuletzt besonders die Kinder, deren Sorgen (endlich!) mehr Gehör geschenkt wird. Dies auch, weil die Politik nicht mehr umhinkommt, nach den Alarmsignalen von Kinderärzten, Kinder- und Jugendpsychiatern, Psychologen und Therapeuten die psychischen Folgen für diese besonders vulnerable Altersgruppe zu thematisieren. Von den Problemen junger Erwachsener, die sich in Ausbildung oder im Studium befinden, hört man jedoch immer noch zu wenig, obwohl gerade diese Altersgruppe enorm unter den Folgen von Corona leidet. Dies belegen zahlreiche Studien wie auch zuletzt die Ergebnisse einer neuen Untersuchung der Universitäten Hildesheim und Münster: Die psychische Belastung von Studierenden nimmt weiter zu.
Eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen markiert – auch unter entwicklungspsychologischen Gesichtspunkten – den Beginn eines neuen und für die eigene Zukunft bedeutenden Lebensabschnittes. Abschied von den Eltern und das Ende der Schulzeit, meistens mit einem Ortswechsel verbunden, wirken dabei wie ein Versprechen auf eine neue Form von Selbstständigkeit und Freiheit, den die jungen Leute zusammen mit Gleichaltrigen, die ebenfalls die Vorzüge dieses neuen Lebensabschnitts genießen wollen, in Angriff nehmen wollen. „Those were the best days of my life“ hat Bryan Adams dieses Lebensgefühl in seinem bis heute immer wieder gern gehörten Hit „Summer of 69“ stellvertretend für viele beschworen. Andere Popsongs thematisieren aber auch die ambivalenten Gefühle, die diese Zeit begleiten: „We’re happy, free, confused and lonely at the same time, it’s miserabel and magical“ – die Sängerin Taylor Swift hat sie, selbst 22 Jahre alt, treffend zum Ausdruck gebracht. Denn die neu gewonnene Freiheit bedeutet auch, dass die gewohnten Leitplanken von Elternhaus und Schule wegfallen und die Frage „Wohin will ich?“ für die jungen Menschen in den Vordergrund rückt, worüber ich in meinem Buch „Pubertät war erst der Vorwaschgang“ ausführlich geschrieben habe.
Corona hat durch die mannigfaltigen Kontaktbeschränkungen, durch Schließung der Unis, der Mensen und Bibliotheken, aber auch der Bars und Clubs nun genau das, was mit diesem Lebensabschnitt so positiv und fast euphorisch verbunden wird, zum Einsturz gebracht. Alleinsein, Ohnmacht, Ausweglosigkeit, Selbstisolation und Kontaktarmut haben bei den jungen Leuten Ängste mobilisiert, rufen immer wieder Panikattacken hervor, depressive Zustände und psychosomatische Beschwerden. Diese und andere Symptome zählen zu den am meisten genannten Folgen von Corona für diese Altersgruppe. Auch darüber und wie wir den jungen Menschen helfen können, die mit Corona verbundene Lebenskrise zu überwinden, haben Udo Baer und ich in unserem Buch „Corona in der Seele“ geschrieben, das nun im Verlag Klett-Cotta erschienen ist. Es ist an der Zeit, die Sorgen und Nöte und auch die damit verbundenen, teilweise ernsten Symptome der jungen Erwachsenen als Folge von Corona anzuerkennen und sie darin zu unterstützen, wieder in ihr Leben vor der Pandemie zurückzufinden. Damit sie ihre Träume und Zukunftswünsche, die so wichtig sind in diesem Lebensabschnitt, wieder ins Auge fassen und für sich verwirklichen können!
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