von Claus Koch
Eine neue, Anfang Oktober veröffentlichte Bertelsmann-Studie zeigt, dass der Anteil qualifizierten Personals in deutschen Kindertagesstätten in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist. Während 2017 die Fachkraftquote noch um zehn Prozentpunkte höher lag, zeigt die Studie nun einen Rückgang auf 72 Prozent im bundesweiten Durchschnitt auf, wobei sich in den Einrichtungen mancherorts nur noch knapp mehr als die Hälfte fachlich pädagogisch ausgebildetes Personal findet.
In dem zu beobachtenden Trend, auch aus Kostengründen auf qualifiziertes Personal in den Kitas zu verzichten, drückt sich einmal mehr aus, wieviel Wert man Kindern und deren Entwicklungsmöglichkeiten, die schließlich alle Kinder in sich tragen, beimisst. Kinder, das wissen Politiker, haben keine Lobby und sind selbst noch zu klein, um ihre Bedürfnisse lautstark nach außen hin einzufordern. Und wie so häufig leiden darunter genau die am stärksten, die statt „Aufbewahrung“ eine ihre Bedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit und Anerkennung würdigende Betreuung am meisten brauchen. Es geht mithin um nichts anderes, als Krippen und Kitas zu bindungssicheren Orten zu machen, besonders für diejenigen, denen ein solch sicherer Rückhalt in ihren Familien, aus welchen Gründen auch immer, fehlt oder abhandengekommen ist. Was umso mehr gilt, wenn, wie von der Politik schließlich erwünscht, immer mehr Kinder schon im Alter von ein oder zwei Jahren aufwärts Zugang zu einer Ganztagsbetreuung bekommen sollen und damit ihre außerhäusliche Lebenswelt einen immer größeren Raum einnimmt.
Natürlich können, wie Studien gezeigt haben, auch „Quereinsteiger*innen empathisch und feinfühlig auf die von ihnen betreuten Kinder eingehen. Und dennoch: Statt immer mehr fachfremde Erzieher*innen zu beschäftigen, wäre genau das Gegenteil notwendig: gut ausgebildete und gut bezahlte Erzieher*innen, multiprofessionelle Teams vor Ort, die Entwicklungsrisiken bei Kindern frühzeitig erkennen und gemeinsam angehen. Aber statt sich um die Startchancen von allen Kindern zu kümmern, um Prävention und Hilfestellung, ist der Aufschrei in Politik und Gesellschaft erst dann vernehmbar, wenn Fehlentwicklungen – auch politische – im Jugend- und Erwachsenenalter sichtbar werden. Jetzt nachzuholen, was vorher versäumt wurde, ist aber ungleich schwerer als unsere Kinder von Beginn ihres Lebens Chancengleichheit zu gewähren und in einer bindungsfreundlichen Umgebung aufwachsen zu lassen. Und dazu bedarf es eben auch der Unterstützung von gut ausgebildeten pädagogischen Fachkräften in Krippen und Kitas.
Quellen:
Claus Koch: Schutzfaktor Bindung. Wie eine bindungsfreundliche Erziehung vor Fremdenhass und Rechtsextremismus schützt. Klett-Cotta 2025
