Traumatisierte Kinder sensibel begleiten, Teil 7: Was tun bei »seltsamen« Gefühlen traumatisierter Kinder?- Misstrauen

 

 

Von Dr. Udo Baer

Traumatische Erfahrungen bewirken in den Kindern, dass sie in all ihrem Erleben erschüttert sind. Dazu gehört auch ihr Gefühlsleben. Manche Gefühle verschwinden scheinbar, andere werden stärker, wieder andere verändern sich in ihren Inhalten und ihrem Ausdruck. Deswegen werde ich in den folgenden Abschnitten auf einige dieser Gefühle eingehen, die Veränderungen durch traumatische Erfahrungen beschreiben und Ihnen Hinweise geben, wie Sie damit umgehen können.

Dass eine traumatische Erfahrung dazu führt, dass Kinder misstrauisch gegenüber anderen Menschen, ja, gegenüber der Welt werden, habe ich schon mehrmals erwähnt. Wenn Menschen, denen sie vertrauen, ihnen Gewalt antun, wenn sie in Situationen, die sie als vertraulich erlebt und in denen sie auf den Schutz der Erwachsenen vertraut haben, in existenzielle Bedrohungen gestürzt werden, dann bricht die Welt zusammen und damit auch das Vertrauen in die Welt.

Deswegen ist das Misstrauen traumatisierter Kinder von anderer Qualität als die misstrauische Scheu vielleicht vor Neuem und Fremden, wie sie jedes Kind spürt und zeigt.

Entscheidend ist, dass diesen Kindern das Recht zugesprochen wird, misstrauisch zu sein. Auch, wenn sich das Misstrauen zu seltsamen Gegebenheiten zeigt. Da kann vorkommen, dass ein Kind plötzlich misstrauisch gegenüber den Speisen ist, die es zum Mittagessen gibt. Oder es beginnt mit einer Fachkraft der Kita zu fremdeln, mit der es früher lange gut und gerne gespielt hat. Das Misstrauen dieser Kinder ist berechtigt und ernst zu nehmen, auch wenn es für Sie nicht nachvollziehbar ist. Das sollten wir ihnen auch sagen. UND dann brauchen die Kinder kleine Schritte, sehr kleine Schritte, um sich an der sicheren Hand wieder Neuem oder früher Vertrautem zuzuwenden. Um diesen Prozess zu unterstützen brauchen Sie Zeit und Geduld. Oft haben die Kinder keine Worte für ihr Misstrauen, oft zeigen sie es nur als Scheu, manchmal auch als Ängstlichkeit oder indem sie einfach etwas nicht tun, Handlungen unterlassen, die sie vor der traumatischen Erfahrung schon unternehmen konnten. Diese Phänomene sollten Sie als Ausdruck des Misstrauens erkennen und entsprechend darauf reagieren.

Misstrauen macht für die Kinder Sinn. Geduld und kleine Schritte sind von Nöten

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Carola Baum

    Kein Kommentar sondern eine dringende Frage…
    Ist es möglich, dass man nach traumatischen Erlebnissen auf Grund einer inneren Blockade nicht mehr malen kann?

Schreiben Sie einen Kommentar zu Carola Baum Antworten abbrechen