Ja, wenn Menschen in einer Familie schwer oder chronisch krank sind, braucht die Familie Stärke, sowohl die erkrankten Menschen als auch die anderen Familienangehörigen. Man muss sich kümmern. Man muss vieles besorgen, auch wenn man vielleicht gerade nicht die Kraft dazu hat. Man möchte die Menschen, die man mag und liebt, unterstützen. In Notsituationen ist Stärke gefragt. Besonders bei langwierigen oder chronischen Erkrankungen, in denen über einen längeren Zeitraum familiäre Handlungen und Haltungen notwendig sind, um die erkrankte Person zu begleiten. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite besteht darin, dass Menschen nicht nur stark sein können. Sie brauchen auch Ruhepausen, Ablenkung und Erholung. Wenn Erwachsene den Kindern nur vorleben oder sogar predigen, dass sie stark sein müssen, lernen die Kinder, dass Erwachsene immer stark sein müssen und nie Schwäche zeigen dürfen. Das schränkt ihre Lebensmöglichkeiten ein, vor allem die Möglichkeiten, glücklich zu sein, als Kinder wie auch später als Erwachsene. Kinder sollten auch von Erwachsenen hören können: „Ich kann eigentlich nicht mehr – UND ich mache weiter.“ Oder: „Ich brauche jetzt einmal eine Pause.“ Stark zu sein und Schwäche zu zeigen und sich auch zu gönnen, muss sich nicht widersprechen. Da gibt es kein Entweder/Oder, sondern ein großes UND. Das ist wichtig für die Kinder, aber auch für alle anderen Familienangehörigen.