Mein Kind hat Ticks mit Gesichtszucken und Augenzwinkern, seit es drei Jahre alt ist. Was kann ich tun?

Hinter solchen und ähnlichen Ticks stehen oft Erregungen des Kindes. Die Erregung des Kindes ist sehr hoch und zumindest innerlich sehr bedeutsam und sie äußert sich in diesen Ticks. Die Frage stellt sich deshalb: Was erhöht die Erregung des Kindes oder was hat früher, bevor die Ticks auftraten, erhöhte Erregungszustände hervorgerufen? Das waren oder sind bei den meisten Kindern Erfahrungen mit anderen Menschen. Oft haben sich Kinder bedroht gefühlt oder wurden bedroht. Oft sind sie ins Leere gegangen oder anderen Monstern der Entwürdigung wie Gewalt, Beschämung oder Erniedrigung oder giftigen Atmosphären begegnet. Oft kann man die Ursachen der Erregung, wenn die Ticks im frühen Alter beginnen, nicht mehr herausfinden. Aber es lohnt sich, danach zu suchen, und wenn man das Kind in diesem Alter begleitet hat, sich zu fragen, ob es damals Auslöser hätte geben können. Das sollte nicht mit Schuldgefühlen oder Selbstvorwürfen verbunden sein. Viele Erregungszustände entstehen nicht nur durch Fehlverhalten, sondern auch durch andere Umstände, die für das Kind bedrohlich wirken, aber von Eltern oder anderen Erwachsenen gar nicht als solche wahrgenommen werden können.

Gegen erhöhte Erregungszustände helfen Beruhigungsappelle nicht bzw. nicht nur. Selbstverständlich ist auf alles zu achten, was Erregungen verringert und verringern kann. Selbstverständlich sollten sich erwachsene Menschen darum bemühen, Erregung-dämpfende Umgebungen dem Kind zur Verfügung zu stellen. Doch allein hilft dies nicht. Entscheidend ist, dass die erhöhten Erregungen fast immer aus den Begegnungen mit anderen Menschen erwachsen sind. Deswegen sollten die Möglichkeiten, die Erregung zu verringern, immer auch im Dialog mit anderen Menschen erfolgen. Wichtig ist, vor allem zu spielen, zu malen, zu tanzen …

Im Spiel zeigt sich alles. Im Spiel kann sich alles verändern. Spielen Sie mit dem Kind. Dann entstehen neue Atmosphären und die Ticks verringern sich. Besonders hilfreich ist es, gemeinsam zu musizieren oder zu tanzen. Hier entsteht eine Verbundenheit. Hier kann sich Erregung abbauen und verflüchtigen und damit auch der Hintergrund der Ticks.

Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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